Willkommen in der Gegenwart! Multimediale Technische Dokumentation (m-ISD) bei itl
Grundlegende Strukturen
Die Planung eines Informations-Struktur-Designs gehört neben dem Schreiben und Visualisieren zu den klassischen Aufgaben eines Redakteurs: Damit ist die Aufgabe gemeint, alle Inhalte in einen für den Leser nachvollziehbare Reihenfolge und in Kapitel, Abschnitte und Unterabschnitte bis hin zu Absätzen einzuteilen, weil Dokumente typischerweise so aufgebaut sind. Das Ergebnis ist ein „klassisches“, strukturiertes Dokument, das Produkt- und Informationsstrukturen berücksichtigt.
Verständlichkeit, Benutzerfreundlichkeit, Prozessorientierung
Neben der Orientierung an inhaltlichen Informationsstrukturen lassen sich noch weitere grundsätzliche Aspekte thematisieren: Einmal wären da die Verständlichkeit und die Benutzerfreundlichkeit. Wir verwenden dazu Methoden z. B. aus Information Mapping, Funktionsdesign und DITA, ergänzt durch die Berücksichtigung verbindlicher Normen und weitere konzeptuelle Modelle.
Als weitere Kategorie wäre noch die Prozessorientierung zu nennen, denn unsere Dokumentation will eben auch nach bestimmten Vorgaben produziert sein.
Nun kurz zu diesen grundsätzlichen Punkten, wobei Aspekte zur Nutzung der Informationen zunächst noch außen vor bleiben:
- Verständlichkeit/Strukturierung
Damit Informationen sach- und verständnisdienlich sind, müssen sie nach bestimmten Kriterien strukturiert sein. Ansätze dazu sind einerseits die Strukturierung einer Dokumentation in hierarchische Kapitel und Abschnitte sowie andererseits auch die Zerlegung in Module und Topics. Das bekannte Hamburger Modell der Verständlichkeit definiert eine solche „Gliederung-Ordnung“ als eine der vier Dimensionen der Verständlichkeit. - Benutzerfreundlichkeit/Strukturierung
Außer der Verständlichkeit beeinflussen geeignete Strukturierungen der Dokumentation auch die Nutzungsergonomie, wofür heute üblicherweise die Fachwörter „Usability“ und im erweiterten Sinne „User Experience“ stehen. - Prozessorientierung
Technische Dokumentation wendet mit dem Baukastenprinzip praktisch die gleichen Mittel an, wie sie auch in der Produktentwicklung gebräuchlich sind: Modularisierung, Standardisierung bei gleichzeitiger Individualisierung (aus Zielgruppensicht) und Automatisierung. Die ISD-Prozessplanung für Technische Dokumentation muss folglich neben Verständlichkeit und Usability auch optimale und möglichst automatisierbare Produktionsschritte unterstützen.
Nutzungskategorien
Struktur, wie sie oben umrissen ist, muss aber mehr sein als nur inhaltlich nachvollziehbar, sie muss auch die Informationsnutzung optimieren. Die Informationsnutzung hat itl durch fünf Nutzungskategorien als Bezugssystem operationalisiert – bzw. durch sieben, wenn man „Nachschlagen“ und „Lernen“ weiter unterteilen will:
Zur Verdeutlichung:
Ohne Nutzungskategorien wird eine Dokumentnutzung einfach als „Lesen“ bezeichnet, etwa im Sinne einer reinen Kenntnisnahme des Inhalts, ohne Anspruch darauf, wie, wann, wo und ob der Text überhaupt einer weiteren Nutzung dienen soll. Es besteht jedoch ein großer Unterschied zwischen dem Lesen eines Romans und der Nutzung einer Anleitung mit dem Ziel der Vermittlung von Handlungskompetenz.
Erst vor dem Hintergrund der Nutzungskategorien ist eine sinnvolle zielgruppenbezogene Evaluierung der einzelnen Aspekte des einzusetzenden Medienkonzepts möglich.
- Nachschlagen
Technische Dokumentation wird meist eher häppchenweise wie ein Lexikon genutzt. Den Einstieg in die Informationssuche bildet dazu z. B. die Volltextsuche oder ein Stichwortverzeichnis. Kleine Abschnitte zum Nachschlagen unterliegen unterschiedlichen Ansätzen, deshalb stützen wir uns in Anlehnung an DITA auf die topicorientierten Unterkategorien „Concept“ – gemeint sind damit Definitionen, Regeln und Richtlinien –, „Task“ – bezieht sich auf schrittweises Anleiten – und „Reference“ – hiermit ist das Nachschlagen detaillierterer Einzelinformationen in Kurzform angesprochen. Dies sind auch die typischen Nutzungskategorien für Technische Dokumentation.
- Juristische Absicherung
Produkthersteller setzen bei der Dokumentation auf juristische Absicherung. In vielen Bereichen sind Warn- und Sicherheitshinweise obligatorisch. Die juristische Absicherung stellt einen eigenen Aspekt und eine eigene Nutzungskategorie dar und steht in der Praxis nicht automatisch im Einklang mit den anderen Nutzungskategorien.
- Lernen
Wir lernen einerseits durch Lesen: Lehrbücher, die man in größeren Teilen liest, um sein Wissen zu erweitern, sind hier typische Beispiele. Reine Technische Dokumentationen dienen in der Regel jedoch nicht dem Lernen durch Lesen!
Und wir lernen andererseits durch Üben: Tutorials z. B. sind Informationen, die an Hand von Beispielen und Übungsteilen Informationen vermitteln sollen. Bedienkonzepte eines komplexen technischen Produkts lernen viele Anwender durch Üben und Wiederholen, oft auch unbewusst.
- Werbung
Technische Dokumentation als Werbemittel einsetzbar zu machen, soll nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, aber erst durch die separate Definition als eigene Nutzungskategorie für den Hersteller wird deutlich, dass diese Nutzungskategorie durchaus im Widerspruch zu andere Nutzungskategorien stehen kann.
m-ISD-Medienkonzept: Die Integration multimedialer Medienkategorien ins ISD
Während bei klassischen Büchern eine seit Generationen geprägte gemeinsame Vorstellung der der Nutzungen existiert, gilt das z.B. für eine multimediale Dokumentation auf einem mobilen Endgerät nicht. Deshalb hat itl fünf Schlüsselbegriffe (die Medienkategorien) ermittelt, die vor dem Bezugssystem der nach wie vor existierenden Nutzungskategorien eine systematische Konzeption der multimedialen Information auf unterschiedlichen Geräten ermöglicht. Das m-ISD-Medienkonzept geht von diesen fünf Medienkategorien aus:
Die Medienkategorien müssen also die Planung einer multimedialen Dokumentationslösung beeinflussen, damit die Information beim Nutzer in der angestrebten Art und Weise ankommt.
Eingangskanal/Sinn
Neben der auch in klassischen Dokumenten doppelten Kodierung von Informationen über Text und Bild und dem sogenannten verbalen und piktoralen Eingangskanälen kann eine multimediale Dokumentation den auditiven Eingangskanal und Sinn (Ohr) oder gar haptische Informationen (Tastsinn z.B. Vibrieren) ansprechen.
Die Verwendung von Animationen und Real-Videos – Stichwort „multimediales Lernen“ – bieten dem Nutzer eine viel direktere Art der Informationsverarbeitung als das Text und statisches Bild je können (Fachleute sprechen hier von Kodierungsgrad einer Information, den ein Betrachter erst für seine Nutzungssituation erst wieder dekodieren muss).
Interaktion
Eine mobile Dokumentation bietet über die seit 2007 von Steve Jobs jedermann bekannten Wischgesten gerade zu revolutionäre Möglichkeiten, die ein gedrucktes Werk nie bieten konnte. Die bekannteste Geste dürfte „Pinch-to-Zoom“ sein, d.h. die Verkleinerung und Vergrößerung von Informationsobjekten durch Zusammenziehen oder Spreizen zweier Finger. Spracheingaben, automatische Sprachausgaben und Augmented Reality sind nur drei weitere Beispiele für völlig neue Ansätze, die m-ISD als Ansatz systematisch für ein Dokumentationsprojekt bewertet.
Format
Multimedia wird gern auf „Video“ reduziert und damit missinterpretiert. Die Entwicklung neuer Technologien bietet aber weitere Möglichkeiten, wie etwa 3D-Animationen und Augmented Reality. Letztere könnte uns in ausgereiftem Zustand – im wahrsten Sinne des Wortes – eine ganz andere Sicht der Dinge und auf deren Dokumentation bescheren. Unsere reale Umgebung wird angereichert mit Virtuellem, und wir werden(?) uns auch mitten darin befinden, wie uns ein Blick durch die HoloLens aus einem Promotion-Video zeigt:
Medium
Erst die Trennung der Begriffe „Format“ und „Medium“ zeigt die jeweils unterschiedliche Kombinierbarkeit auf: m-ISD definiert als Medien gedruckte Informationen versus Online-Informationen auf PCs, mobilen Endgeräten und als eigenen Aspekt die sogenannte „embeded Information“ also direkt in die Benutzeroberfläche integrierte Information.
Formate wie Videos und Animationen sind zum Teil vom Medium unabhängige „Formate“, um Informationen zweckgerecht zu vermitteln.
Ort (Zugriff)
Diese Kategorie klassifiziert die Art und Weise, wie der Benutzer auf eine Information zugreift: Offline d.h. die Information wird von einem lokalen Speicher in den Viewer geladen oder online, d.h. die Information wird über einen Web-Server/Internet geladen. Oft benötigt man beide Ansätze. Man nutzt sie jedoch zum Teil unterschiedlich.
Fazit
Im Detail dargestellt können die fünf orange gekennzeichneten Medienkategorien des m-ISD in unterschiedlichen Realisierungen auftreten, die mit den Piktogrammen in den roten Feldern angedeutet sind:
Und zusammen mit den Klassifizierungen aus den Nutzungskategorien ergibt sich dieses Bild:
Produktstrukturen – Informationsstrukturen – Medienkonzept m-ISD
Das folgende Bild zeigt nochmals den Grundansatz, der bei Technischer Dokumentation unabdingbar ist: Die Verzahnung von Produktstrukturen mit Informationsstrukturen und mit dem eigentlichen Medienkonzept.Zusätzlich berücksichtigt der Ansatz Prozesse der Erstellung und Verteilung sowie die Nutzungskategorien:
Den Gesamtrahmen zum m-ISD bilden also:
- 2 Strukturierungen (Produkt, Information)
- 3 Prozesse (Informationserstellung Informationsverteilung, Informationsnutzung)
- 7 Nutzungskategorien d. h. die einzelnen Aspekte eines Nutzungsprozesses von Technischer Dokumentation (Nachschlagen – Concept, Task, Reference, Juristische Absicherung, Lernen durch Lesen, Lernen durch Üben, Werbung
- 5 Kategorien eines Medienkonzepts: Eingangskanal (Sinne), Interaktion, Format, Medium, Ort (Zugriff)
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