Die Leidtragenden eines fehlenden Terminologiemanagements sind zuerst einmal die Technischen Redakteure. Sie tragen aus verschiedenen Abteilungen Informationen zur Erstellung einer Dokumentation zusammen und müssen im Falle sprachlicher Inkonsistenz aus dem inhomogenen Input einen homogenen Output schaffen. Zusätzlich stehen sie bei Übersetzungen hilflosen Übersetzern immer wieder als Ansprechpartner zur Verfügung, wenn es darum geht zu erklären, was es mit den firmenspezifischen Benennungen auf sich hat.
Aufgrund dieser Arbeitshürden und des zunehmenden Leidens- und Arbeitsdrucks wird die Einführung eines Terminologiemanagements meist von der Technischen Redaktion getrieben und nicht selten dann auch organisatorisch übernommen.
Diese Entscheidung ist zwar verständlich, aber in den meisten Fällen keine gute Lösung. Terminologie entsteht in der Regel bei den ersten Planungsgesprächen zu einer Produkt-Neueinführung. Terminologie entsteht vor allem bei der Produktspezifikation in der Entwicklung und bei der Anlage von Teilelisten im ERP-System. Terminologie entsteht auch in der Konstruktion, Softwareentwicklung und der Vermarktung. Sehr viel seltener entsteht jedoch neue Terminologie in der Technischen Redaktion.
Ein Prozessverantwortlicher für sprachliche Konsistenz sollte also auch dort verortet sein, wo erste Entscheidungen für oder gegen eine Benennung getroffen werden. Er sollte den Produktionsprozess aktiv begleiten und Sprache sollte dabei als Produktionsmittel betrachtet werden.
In der Praxis hat sich herausgestellt, dass diese Herausforderung oft ein Verantwortlicher aus dem Marketing übernehmen kann, der Terminologie als Teilbereich des Corporate Wording und damit der Corporate Identity sieht. Alternativ kann dies ein Verantwortlicher für Standardisierung und Normung oder auch ein Verantwortlicher im ERP-Umfeld sein, der die ERP-Informationen als die Basis betrachtet, mit der alle nachfolgenden Informationssysteme und -träger im Produktionsprozess „gefüttert“ werden. Technische Redakteure sind als Informationsnehmer meist viel zu weit am Ende der Produktionskette angesiedelt um wirklichen Einfluss nehmen zu können.
Aus dieser Erkenntnis lassen sich final drei weitere Forderungen ableiten:
- Der Terminologieprozess ist ein produktionsbegleitender Prozess, Terminologie ein Produktionsfaktor, der in den Planungs- und Entwicklungsprozess integriert werden muss.
- Terminologieverantwortliche sollten in sehr frühen Phasen der Produktionsplanung involviert sein.
- Terminologieverantwortliche sollten organisatorisch auch dort verortet sein, wo es um Produktplanung und Prozessorganisation geht, um Schnittstellenverluste zu vermeiden.
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