„Knirsch!“… „Knarz!“… „Knall!“ – Bilder in der Technischen Doku

Bildarten, die am häufigsten und universell in technischen Anleitungen benutzt werden, sind z. B. Piktogramme, Grafiken/Illustrationen (flächig oder perspektivisch) und Fotos. Daneben gibt es auch spezielle, oft detailreiche Bildarten zur Visualisierung von Zusammenhängen, Abläufen und Funktionen. Solche Bilder sind meist für ganz bestimmte Zielgruppen vorgesehen und umfassen Diagramme/Schemata, Flussdiagramme und technische Zeichnungen/Konstruktionszeichnungen.

Eine durchzuführende Handlung an einem Gegenstand kann in Verbindung mit dem Bedienelement dargestellt werden, z. B. mittels des gebräuchlichen Richtungs- oder Bewegungspfeils, um den Druck auf eine Taste darzustellen. „Einfache“ Bilder können gerne für sich alleine stehen, ohne weiteren Zusammenhang, sie werden relativ leicht verstanden.

Falls Gegenstand und Handlung nicht allzu komplex sind, kann in das Bild durchaus auch das Ergebnis einbezogen werden, statt drei Bilder (Gegenstand – Handlung – Resultat) zu verwenden:

Das Kann wandelt sich sogar zum Muss, wo eine übertrieben häppchenweise Vorstellung von Gegenstand, Handlung und Resultat in Einzelbildern viel zu umständlich und einem schnellen Verständnis abträglich wäre:

Schwieriger sind unmissverständliche Visualisierungen zu konzipieren, wo abstrakte Relationen nahegebracht werden müssen (z. B. Bedingungen, Zusammenhänge, Gleichzeitigkeit, sonstige Modalitäten und Verknüpfungen), selbst wenn sie sich letztlich auf konkrete Gegenstände und Handlungen beziehen. Solche Relationen schweifen aus der greifbaren Welt ab und erschweren das Bildverständnis.

Konjunktionen, die Aussagen miteinander verknüpfen – wie z. B. wenn/dann, damit, deshalb, weil usw. – können nicht eindeutig dargestellt werden. Dass zwischen zwei Abbildungen eine Beziehung besteht, erfordert erhöhte Aufmerksamkeit und Interpretationsarbeit seitens des Betrachters. Das Bild wird schwer verständlich, weil es eben wesentlich mehr als die vielfach bemühten „tausend Worte“ aussagt. Die Wenn-Dann-Problematik wird an diesem Beispiel deutlich:

Erst durch das Betrachten aller Einzelelemente, die anschließend zueinander in Beziehung gesetzt werden, lässt sich die Botschaft eventuell verstehen. Nur der verbalisierte Kontext kann hier helfen; für sich alleine verwirrt das Bild mehr als es erklärt.

Auch Modalitäten, wie „schnell“ oder „langsam“, „mehrmals“, „fest“ oder „locker“ gehören zu den Härtefällen der Visualisierung, denn sie lassen sich kaum eindeutig in Bildinformation umsetzen. Bisweilen kommen solcherlei Versuche zwar etwas unbeholfen daher, und man muss sich die Frage stellen, wie setzt man solche problematischen Passagen ohne Worte unmissverständlich um?
In diesem Beispiel soll die Feder im linken Bild für „leicht anziehen“ stehen, das Gewicht im rechten Bild für „mit Kraft/fest anziehen“:

Könnte man sich zweckmäßigerweise hier nicht besser mit einem kurzen, unmissverständlichen Zusatztext behelfen, statt sich sklavisch an ausschließliche Visualisierungen zu binden? Andererseits: Man stelle sich diese Bilder mit Text in 15 Sprachen im Bild eingeflickt vor! Doch auch Kreativität und Kompromisse können helfen: In diesem Fall ließen sich die Piktogramme in einer Legende am Beginn der Anleitung (in allen Sprachen) erklären und im Verlauf der Anleitung in der gezeigten Form darstellen. Voilà – so kann es funktionieren.

Selbst Anleitungen, die ansonsten auf Wortlosigkeit bauen, verlassen dann und wann den Weg der Ausschließlichkeit, um z. B. ein lautmalerisches „Klick!“ ins Bild zu setzen, mit dem sich eine ansonsten schwierige Visualisierung für „Einrasten“ umgehen lässt. Man könnte argumentieren, dass solche Hilfskonstrukte ja eigentlich keine Texte seien, sondern eben sichtbar gemachte Geräusche. Vielleicht nicht gerade elegant, aber es wirkt. Sogar in weiten Teilen unseres Planeten. Wie sonst könnte man ein lediglich hörbares Ereignis, das vom Erfolg einer Handlung kündet, präzise und ohne ablenkende Umschweife darstellen?

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[30. Mai 2016]

Das Spannende an Visualisierungen ist auch, dass sie besser als jeder Text sogenannte "mentale Modelle" beim Betrachter ansprechen. Mentale Modelle sind generalisierte bildliche Vorstellungen von Sachverhalten im Kopf, ohne die ein Mensch seine Umwelt nicht erfassen kann. Die Visualisierung von "leicht" und "fest anziehen" durch Feder und Gewicht weckte bei den meisten Teilnehmern im itl Kompaktseminar die Vorstellung von "leicht" oder "schwer belastbar". Es fehlte den Teilnehmern der Bezug zur Handlung "drehen/anziehen". Visualisierungen können besser wirken als jeder Text, aber auch grandios in die Irre führen. Aber erst eine Visualisierung macht mögliche Missinterpretationen, die auch ein Text sehr oft zulässt, deutlich. Viel mehr visualisieren (z. B. viel mehr Konzeptbilder einzuplanen) ist eine Grundbotschaft im Kompaktseminar.