Autorenunterstützung: Konzepte, Funktionen und Terminologiemanagement-Tools für Technische Redakteure

Technische Redakteure müssen wissen, wie sie sich für ihre Zielgruppen verständlich ausdrücken. Technische Redaktionen müssen etwas von mentalen Modellen ihrer Zielgruppe verstehen und sollten wissen, wie das semiotische Dreieck der Terminologie die Verarbeitung von Wörtern im Kopf  veranschaulicht, weil man sich sonst leicht missverstehen kann.

Für Verständlichkeitsoptimierungen sollten Technische Redakteure künftig mehr Zeit investieren. Verständlichkeit ist zwar einerseits ein bekanntes Kriterium für Dokumentation, anderseits im Zuge der übermäßigen Orientierung auf eine juristische Absicherung eine doch unterschätzte Thematik. Damit eine Dokumentation verständlich wird, benötigt die Technische Redaktion Werkzeuge, die helfen, Routinearbeiten zu vereinfachen und bei der Terminologieverwendung unterstützend einzugreifen. Selbst Sätze schreiben sollte auf Grund des Parallelitätsprinzips (einmal formulierte Sätze niemals variieren!) einen einmaligen Aufwand bedeuten und dann durch Wiederverwendung automatisierbar sein. Für solche und vergleichbare Themen gibt es inzwischen unter der Bezeichnung „Autorenunterstützung“ Werkzeuge, die sich am besten in Echtzeit in die Textarbeit einer Redaktion „einklinken“. MS Word bietet bereits eine beeindruckende Unterstützung für Grammatikregeln, die aber leider nicht anpassbar und des Öfteren falsch sind.

Technische Redakteure erstellen Dokumente heute noch immer meistens textorientiert und nutzen dafür einen der bekannten Texteditoren wie Word, FrameMaker oder InDesign. Das hat sich mit den modernen Redaktionssystemen nicht grundlegend geändert. Zu den klassischen Editoren sind XML-Editoren wie XMetaL oder Oxygen hinzugekommen. Allen Werkzeugen gemeinsam ist eine mehr, leider oft eher weniger komfortable Texterfassung. Keiner der bekannten Editoren bietet ein volle „Autorenunterstützung“.

Wenn wir Funktionen der Autorenunterstützung ansprechen, dann denken viele an Rechtschreibhilfe und Grammatikkontrolle, wie sie eigentlich nur in Word relativ umfassend vorhanden sind.

Die Ansprüche in der Technischen Dokumentation gehen jedoch weit über Rechtschreibung und Grammatikkontrolle hinaus. Für ein effizientes Arbeiten benötigt die Technische Redaktion ein anpassbares (!) komplettes Regelwerk zur Kontrolle der Firmenterminologie sowie die Unterstützung für eine automatisierte Satzwiederverwendung bis hin zur Überprüfung des „Tone of Voice“, also einer vereinbarten emotionalen Ansprache der Anwender. Als weiterer Punkt einer kontrollierten Sprache gilt die auf Verständlichkeitsoptimierung ausgerichtete Verwendung der verschiedenen Wortarten wie Verben, Präpositionen, Pronomen und Partizipien und schließlich auch die Vereinfachung der Satzkonstruktionen, z. B. möglichst nach dem Prinzip Subjekt, Prädikat, Objekt. Müssen nun Technische Redakteure am besten gleich ausgebildete Terminologen und Linguisten sein? Nein, genauso wie der LKW-Fahrer kein Autokonstrukteur sein muss.

Technische Redakteure müssen für ein effizientes Arbeiten auf folgende Funktionen einfach zugreifen können:

  • einfacher Echtzeitzugriff auf ein Terminologiemanagementsystem. Möglichkeit des Vorschlagens neuer Termini
  • eine komfortable Satz-Wiederverwendung durch „Googeln“ von Sätzen aus einer Datenbank mit validierten Sätzen
  • eine integrierte, leicht anpassbare Stilkontrolle (z. B. Satzlänge oder Aktiv/Passiv, Anzahl von Präpositionen usw.)
  • Import- und Exportmöglichkeiten der verwalteten Informationen.

Das folgende Bild fasst die Funktionsbereiche unter dem „Dach“ der Autorenunterstützung zusammen.

Prüfen wir diese Funktionen der Autorenunterstützung im Detail und beginnen wir mit der Rechtschreibung und Grammatik.

Die Rechtschreibhilfe ist üblicherweise schon im Texteditor integriert und wird daher oft gar nicht mehr explizit erwähnt. Technische Redakteure (und nicht nur sie) empfinden die integrierte Rechtschreibhilfe jedoch oft als störend. Das liegt an der Komplexität und erlaubten Variabilität der deutschen Rechtschreibung, die für Unternehmen ein echtes Problem darstellen können. So hat Word (obwohl mit der besten Out-of-the-box-Rechtschreibhilfe ausgestattet) noch immer gravierende Schwächen. Genau das möchte ich am Beispiel „Terminologieverwendung“ zeigen.

Der Vorschlag passt nicht. Gemäß Rechtschreibregeln ist entweder zusammenzuschreiben oder mit Bindestrich durchzukoppeln, was bei 2-Wort-Begriffen meistens unerwünscht ist. Jetzt können wir zwar „Terminologieverwendung“ ins Benutzerwörterbuch aufnehmen, die zugrunde liegende – „falsche“ – Regel können wir jedoch nicht anpassen … und das nervt. Dennoch: Die Wordfunktionen sind als erste Stufe einer Autorenunterstützung gar nicht so schlecht.

Für Interessierte: Die amtlichen Rechtschreib- und Grammatikregeln finden Sie auf der Website „Grammatisches Informationssystem“.

Technische Redakteure brauchen also eine Autorenunterstützung, besonders im Bereich der terminologischen Rechtschreibkontrolle, die vor allem folgende Themenbereiche anpassbar (!) abdeckt:

  • Getrennt- und Zusammenschreibung
  • Schreibung mit Bindestrich
  • Groß- und Kleinschreibung

Dafür reichen die Wordfunktionen nicht aus. Voraussetzung bildet ein umfassendes Terminologiemanagement, das über ein Word-Benutzerwörterbuch weit hinausgeht. In der Praxis treffe ich noch immer Technische Redakteure, die ohne Autorenunterstützung arbeiten und deshalb mit viel Aufwand Begrifflichkeiten für ein neu zu erstellendes Dokument „zusammensuchen“ müssen. Dabei „stolpern“ Redakteure auch immer wieder über unterschiedliche Bezeichnungen für ein und dasselbe Bauteil und haben dadurch einen zusätzlichen Bearbeitungsaufwand. Eine konsistente Terminologieverwendung macht sich also auf jeden Fall und im wahrsten Sinn des Wortes „bezahlt“.

Terminologiemanagementsysteme sind schon lange bekannt. Datenbanken für Sätze kennt man allenfalls als Translation-Memory-System, das Segmente (Sinneinheiten) also z. B. auch Sätze für Quell- und Zielsprache, speichert. Im Translation-Memory-System sind diese Sätze zwar mit Blick auf Übersetzungen kontrolliert, aber quellsprachlich werden Sätze nicht bewertet und dürfen nicht abgewandelt werden.

Einige der von mir im nächsten Blogbeitrag vorgestellten Systeme trennen aus Systemgründen den Prozess der direkten Autorenunterstützung von den Verwaltungsprozessen für Terme und Sätze. Sie verstehen sich als Add-on bzw. als „Middleware“ zwischen den im Unternehmen eventuell bereits vorhandenen Datenbanken und den Texteditoren. Die bekannten Redaktionssysteme für die Technische Redaktion bieten inzwischen auch Basis- bzw. Lite-Versionen einer Autorenunterstützung an. In den abgespeckten Versionen fehlen jedoch wichtige Managementfunktionalitäten der erfassten Terme und die Redaktionssysteme bieten vor allem für Sätze keinerlei Validierungs­funktionen. Und der größte Nachteil: Sie funktionieren nur innerhalb des Redaktionssystems.

Systemtechnisch lassen sich die Funktionen einer Autorenunterstützung weiter aufspalten, wie das folgende Bild zeigt.

Die vorhandenen Systeme bieten sehr unterschiedliche Ansätze und Abdeckungen der Funktionen, und die Einführung einer Autorenunterstützung im Unternehmen kann durchaus aufwändig sein.

Die Integration in Redaktionssysteme über die Editor-Integration hinaus bietet z. B. die Anzeige der Module, in denen ein zu kontrollierender Satz vorkommt. Allerdings sollte man das Language Management als parallelen Ansatz zum Content Management unbedingt abteilungsübergreifend verstehen. Eine kleine, integrierte Lösung als Komponente des Redaktionssystems ist also nicht ausreichend.

Die Anzahl der Systeme für Autorenunterstützungen, die über ein reines Terminologiemanagement hinausgehen, ist noch relativ überschaubar. Im Folgenden finden Sie in alphabetischer Reihenfolge eine Liste der bekannten Systeme. Beachten Sie bitte: Die Systeme decken die genannten Anforderungen sehr unterschiedlich ab. Die meisten System separieren die Komponente der Autorenunterstützung von den Managementfunktionen für Terme oder Sätze, die als separate Module oder von anderen Anbietern angeboten werden. Außer itl [i]-match bietet keines der weiteren Systeme ein voll integriertes Terminologie- und Satzmanagement an. Eine Systembewertung geben wir in einem der nächsten Beiträge.

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