Runderneuert! Die wichtigste Doku-Norm 82079 wird präsentiert
Die ISO 82079-1 wurde soeben als FDIS (Final Draft International Standard) verabschiedet. Der Normenflüsterer Dieter Gust wirft einen kritischen Blick auf das Werk
Endlich wird die wichtigste Norm für die Technische Dokumentation, die ISO 82079-1 als 2nd edition runderneuert unter dem Titel Preparation of information for use (instructions for use) of products – Part 1: Principles and general requirements präsentiert. Zur Zeit liegt diese Norm als FDIS (Final Draft International Standard) vor und den ISO-Mitgliedern ist die endgültige Schlussabstimmung vorbehalten.
Legende:
- Blau: Vollmitglieder
- Gelb: korrespondierende Mitglieder
- Rot: Beobachtungsstatus
- Schwarz: andere Orte mit ISO-3166-1-Länderkürzel, die nicht Mitglieder der ISO sind
Die Norm ist zurzeit nur in Englisch und Französisch erhältlich. Es ist überraschend, dass eine deutsche Übersetzung erst für 2020 prognostiziert wird.
An der Neuauflage der 82079-1 waren auch Vertreter der Technischen Redakteure und Berater aus dem Verband der technischen Kommunikation, tekom, initiativ beteiligt. Und das merkt man. Endlich präsentiert die Norm ein weitgehend stimmiges und nachvollziehbares Gesamtkonzept für Benutzerinformationen. Allerdings werden sich nicht ausgebildete Technikredakteure schwer tun, einfache Kochrezepte aus der Norm abzuleiten: Die Norm ist von Experten für Experten geschrieben.
Die neue Struktur
Die neue Struktur der Norm und die ergänzten Themen kommen für itl nicht überraschend. Das „Kompaktseminar Technische Dokumentation“ bietet schon seit vielen Jahren einen Grundansatz, wie ihn die Norm 82079-1 nun auch präsentiert:
Neben der schon immer geforderten Zielgruppenorientierung und den Inhalten einer Anleitung, die sich am Product Life Cycle orientieren, sind nun folgende neue Aspekte in die Norm aufgenommen worden:
Kapitel 5 Prinzipien (Principles)
Die Prinzipien sind: completeness (Vollständigkeit), minimalism (Minimalismus), correctness (Richtigkeit), conciseness (Prägnanz), consistency (Konsistenz), comprehensibility (Verständlichkeit) und accessibility (Zugänglichkeit). Den Einsteigern in die Technische Dokumentation fehlen vermutlich einfache nachprüfbare Regeln zu den einzelnen Themen.
Kapitel 6 Informationsmanagementprozess (Information Management Process)
Die Norm betont nun den Prozess der Informationserstellung und -verteilung als gleichwichtige Komponente einer Information Qualität. Das itl Kompaktseminar hat die Prozessorientierung schon immer als gleichwertige Säule im Gesamtkonzept einer guten Dokumentation behandelt.
Kapitel 8 Struktur der Nutzungsinformationen (Structure of information for use)
Im Vergleich zur Vorgängernorm definiert die neue Ausgabe klare Strukturierungsprinzipien. Für uns nicht überraschend. Die Liste der möglichen Strukturierungsprinzipien liest sich wie ein Inhaltsverzeichnis aus dem Strukturierungsmodul des Kompaktseminars:
Als Strukturierungsprinzipen nennt die Norm: Task (aufgabenbezogen), Product (produktbezogen), Product life cycle (bezogen auf den Lebenszyklus des Produkts), Target audience (Zielgruppe, Strukturierung nach Zielgruppenbedarf).
Zusätzlich greift die Norm mit Bezug zu DITA (dem XML-Welt-Standard für eine Topic-Darstellung von technischen Informationen) drei Informationstypen als Strukturaspekt:
- Konzept
- Aufgabe
- Referenz
Etwas missverständlich werden in der Norm navigation (Navigation) und Information delivery (Informationsbereitstellung) als Aspekt der Struktur dargestellt. Hier geht das itl Kompaktseminar weit über die Norm hinaus und begreift die Usability von Technischer Dokumentation als gleichwertiges Grundprinzip etwa zur Verständlichkeit.
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Kapitel 9 Medien und Formate der Nutzungsinformationen (Media and format of information for use)
Endlich wird die Medienwahl allein unter Nutzungsaspekten thematisiert:
Papier und elektronische Medien sind gleichberechtigt dargestellt und die jeweilige Wahl dem Bedarf der Zielgruppe und den Nutzungsmöglichkeiten zugeordnet. Die unbedingte Betonung von Papier ist endlich weggefallen.
Die wichtigsten Inhalte der Norm zeigt die folgende Tabelle:
82079: Zielgruppenorientierung und Zweck – Dokumentation als integraler Produktbestandteil
Prozess | Inhalt/Qualität | Struktur/Navigation | Formate, Medien |
Informationsmanagement-prozess: Dokumentierter Prozess. Ein Redaktionsleitfaden ist auch ein Qualitätskriterium! | Prinzipien: Minimalismus, Vollständigkeit, Korrektheit, Verständlichkeit, Prägnanz, Konsistenz | Strukturierung nach Usability und Verständlichkeit gemäß Aufgabe, Produkt, Phasen, Zielgruppe, Kognition | Elektronische Medien gleichberechtigt neben Druck. Prinzip: Für Anwender muss ständiger, einfacher Zugriff möglich sein |
Zielgruppenanalyse: Unterscheidung Fachpersonal, ungelernte Personen | Konzentration auf sicherheitsrelevante Informationen im Lebenszyklus des Produkts. Zahlreiche Aufzählungen zu Inhalten ohne Anspruch auf Vollständigkeit | Klassifikation nach Informationsarten: beschreibend, anweisend, referenziell | Wichtig sind optisch erkennbare Textfunktionen, z. B. beschreibend oder anleitend; Sicherheitshinweise angelehnt an ANSI Z535.6 |
Analyse und Planung von Informationen auf Basis des Risikomanagements nach ISO 12100 | Eindeutige Kennzeichnung, d. h. eindeutige Identifikation der Informationen | Funktionale Strukturlogiken gemäß Informationsmodellen | Inhaltsverzeichnis ab 12 Seiten, Navigations-/ Suchfunktionen müssen Vorteile des Mediums nutzen |
Erstellung und Review der Informationen als überprüfbaren Prozess definieren | Musskriterium: Terminologiearbeit; Standards für Symbole gemäß ISO 7000, ISO 7010, IEC 60617, ISO 3864 | Navigation in gedruckten Anleitungen: Inhaltsverzeichnis, Index, Seitennummerierung | Informationen im Internet müssen Barrierefreiheit erfüllen (ISO/IEC 40500:2012) |
Rückmeldungen der Zielgruppe und Usability-Tests einplanen | Neu: Datenschutz, Vertraulichkeit, Integrität, Schutz vor Verlust oder Missbrauch | Navigation online: personalisiert, kontextsensitiv, Volltextsuche und Taxonomie-Suche | Vorgaben Schrift: ab 6 pt, Standard 10 pt, 70 Zeichen pro Zeile Sicherheitssymbole 10 mm, Ausnahme: Warnsymbol. Das allgemeine Warnsymbol darf im Text bis zu 3 mm klein sein, was ungefähr einer 10 Punkt-Schrifthöhe entspricht. Warnhinweise sollen einerseits auffallen, dürfen anderseits das fortlaufende Lesen nicht stören. Für die Online-Darstellung soll ein Warnhinweis sichtbar sein, solange er gilt, oder erst durch Benutzerbetätigung verschwinden. |
Zusätzlich zur Norm 82079 berücksichtigt das itl-Kompaktseminar auch alle Themen der neuen Norm DIN EN ISO 20607, die sich als Konkretisierung der Angaben zu Anleitungen aus der Maschinensicherheitsgrundnorm 12100 begreift.
Wenn Sie also die Weltnorm 82079 als wichtigste Norm für die Technische Dokumentation verstehen, dann ist das itl-Kompaktseminar (auch für Fortgeschrittene) die geeignete Ergänzung zu den eher allgemein gehaltenen Prinzipien der Norm und Sie erhalten sofort umsetzbare, praktische Regeln, die Sie vielleicht in der Norm vermissen.
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