Ist MS Word wirklich für Technische Dokumentation und Redaktion geeignet?

Als das Textverarbeitungsprogramm Word entwickelt wurde, hatte Microsoft (für die damalige Zeit) einen unglaublich fortschrittlichen Denkansatz: Der User sollte den PC einschalten und arbeiten, alles andere macht das Programm. Warum uns in der Technischen Redaktion gerade das am meisten verärgert, wird bei näherer Betrachtung schnell klar:

MS Word denkt für den User – aber eben nicht so, wie der User (in unserem Fall der Technische Redakteur) es gerne hätte, weil die Zielgruppe von MS Word der Heimanwender ist – und eben nicht der Technische Redakteur.

In meiner naiven Vorstellung dachte ich jahrelang, dass MS Word ein Programm ist, das gestartet wird und dann läuft. Dass es in Wahrheit viele kleine Dateien auf meinem PC versteckt, ohne die es nicht wie gewohnt arbeitet, ist mir erst später klar geworden. Quälend bewusst gemacht hat mir das ein Arbeitsplatz- und damit PC-Tausch mit einem Arbeitskollegen, unter Office 2007.

War der Umstieg von 2003 auf 2007 schon schmerzhaft genug, war meine Trauer um die persönlich gestaltbaren Symbolleisten, die je nach Anwendungsfall benannt und individuell ein- und ausblendbar waren, geradezu grenzenlos. Ich hatte nun nur noch eine einzige Leiste, die ich modifizieren konnte. Und nach dem PC-Tausch war selbst die wieder weg!

Es bedurfte einiger Recherche bis ich herausfand, dass Word diese Quick-Access-Toolbar als eigene Datei speicherte: Word.officeUI. Word 2013 tut das übrigens noch genauso wie Word 2010 unter folgendem Pfad (Windows 7): C:\Users\[UserName]\AppData\Local\Microsoft\Office
Ab MS Word 2010 ist es allerdings nicht mehr so wichtig, den Pfad zu kennen, da Microsoft dazugelernt hat und die Leiste exportiert werden kann.

Wenn man den Pfad ansieht, erkennt man, dass MS Word diese Information „lokal“ und unter „Username“ speichert. Klar, dass die Liste weg ist, wenn ich mich am PC meines Kollegen einlogge (oder mein Kollege mit seinem Login auf meinem PC nicht meine Quick- Access-Toolbar hat).

Genauso ist es mit der „BuildingBlocks.dotx“ und der „Built-In Building Blocks.dotx“, die die beliebten, aber für die Technische Dokumentation unbrauchbaren Schnellbausteine enthält. Natürlich nur die Standard-Building-Blocks. Die selbst angelegten Schnellbausteine werden in der „Normal.dotx“ gespeichert (außer man speichert sie in einem persönlichen Template).

Doch wirklich interessant ist das Verhalten dieser „Normal.dotx“. Sie liegt (in Windows 7) unter C:\Users\[UserName]\AppData\Roaming\Microsoft\Templates und wird auch als „globale Dokumentvorlage“ bezeichnet. Das kommt ihrer Bedeutung schon recht nahe. Was genau sie alles „anstellen“ kann bzw. welche Probleme auf sie zurückzuführen sind, werde ich in einem der nächsten Blog-Artikel erörtern.

Word braucht zusätzliche Dateien wie die „Normal.dot“; die „BuildingBlocks.dotx“ etc. Das sollte man bedenken und auch die Tatsache, dass diese Dateien und sämtliche Einstellungen von PC und User abhängig sind. Dann wird es einen nicht mehr wundern, wenn einige Dokumente auf jedem PC, bei jedem Kollegen anders aussehen.

Um hier halbwegs stabile Dokumente zu erreichen, ist der einfachste Rat, firmenweit alles unverändert zu lassen. Dann bleibt zumindest innerhalb einer Office-Version eine gewisse Konformität.

Wer damit nicht zufrieden ist – nicht zufrieden sein kann – muss sich sehr viel eingehender mit MS Word befassen.

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[11. April 2016]

Arbeiten mit „Standard“-Formaten

Mit „firmenweit alles unverändert lassen“ meinte ich sämtliche normal.dot's unverändert lassen und auch nur mit diesen (unveränderten) Formaten arbeiten. So einfach könnte das theoretisch sein, ist aber in der Realität keine zufriedenstellende Lösung.

Schon allein deshalb, weil jede Firma ihre CI abgebildet haben will, verständlicherweise.

Und wenn ein Word-Versionen-Mix im Unternehmen gelebt wird, und in den meisten Firmen ist das so, kann es gerade durch das Arbeiten mit den „Standard-Absatzformaten“ zu beträchtlichen Unterschieden in Layout und Formatierung kommen. Dazu braucht man nur die unterschiedlichen Definitionen des Absatzformats „Standard“ vergleichen.

Selbst wenn, wie du richtig gefordert hast, firmenweit mit derselben Word-Version gearbeitet wird, ist der nächste Versions-Upgrade früher oder später unvermeidlich. Damit auch mögliche ungewollte Veränderungen in der Dokumentation.

Eine wirklich stabile und damit zufriedenstellende Lösung liegt daher im Erstellen von spezifischen/persönlichen Templates (Dokumentformatvorlagen).

[10. April 2016]

Dateierweiterungen und Best Practice

Falls jemand noch Schwierigkeien mit den Endungen dot, dotx, dotm hat:

dot = binäre Dokumentvorlage bis Word 2003. Ab Word 2007 weiter nutzbar im sogenannten „Kompatibilitätsmodus“. Ich persönlich rate davon ab.

dotx oder dotm = Dokumentvorlagen ab Word 2007. x bedeutet XML-Format, das jedoch bis Word 2013 auch noch geändert wurde. Ab Word 2013 ein standardisiertes ISO-XML-Format. m in der Dateierweiterung steht für Dokumente oder Dokumentvorlagen mit Makros. Diese Bezeichnung existiert erst für das XML-Format von Word ab Version 2007.

Ach ja firmenweit alles unverändert lassen? Hm, wie meinst Du das? Meine Empfehlung lautet: Niemals Word-Versionen mischen! Firmendokumente in der jeweiligen Word-Version halten. Das heißt den Kompatbilitätsmodus möglichst nicht verwenden! Was meinst Du?